Stimmt das? Ist wirklich jeder Mensch einzigartig, genau wie jeder Hund? Und, wenn es so ist, wodurch unterscheiden wir uns dann? Die Antwort liegt völlig auf der Hand – und Pfote.

Doppelhelix trifft Ontogenese beim Kuscheln

Mal Klartext gesprochen: Es ist nicht hauptsächlich die Doppelhelix, die uns einzigartig macht. Sonst hätten eineiige Zwillinge, oder neuerdings Klone, berechtigterweise ein Identitätsproblem. Tatsächlich spielt eine ganz andere elementare Sache die Hauptrolle bei der Einzigartigkeit des Menschen und des Hundes: Erfahrung. Sie ist es, die uns bereits im Mutterleib beeinflusst. Erfährt der ungeborene Körper eines Lebewesens beispielsweise einen Ernährungsmangel, kann dieser maßgeblich das folgende Leben des Ungeborenen beeinflussen. Der Körper speichert Erinnerungen. Da geht es dem Hund wie dem Menschen.

Treffen wir in jüngsten Lebenstagen auf Leute, die uns wohlgesonnen sind, speichern wir diese Erfahrung ab. Psyche, also Bewusstsein und  Unterbewusstsein, arbeiten bei diesem Speichermoment Hand in Hand. Das tun sie gemeinsam mit dem Körper. Je nachdem, in welchem Entwicklungsstadium ein Hund oder Mensch gerade ist und wie intensiv ein Erlebnis, wird eine Erfahrung direkt auf der „Festplatte“ im Individuum gespeichert – oder erstmal in ein „Ablagefach“ gesteckt, immer dann, wenn ein Erlebnis nicht soooooo beeindruckend und wichtig war.

Hundekuss

Erfahrungen, die auf der „Festplatte“ in Hunden oder Menschen gespeichert werden, sind unverrückbar, nicht mehr zu löschen und unumstößlich. Erfahrungen lassen sich nicht löschen. Hat man sie einmal gemacht, dann bleiben sie in uns verhaftet. Das fühlt sich prima an, wenn es sich um schöne Erlebnisse handelt. Sobald es schmerzhafte Momente sind, haben wir ein Problem. Das macht die Arbeit mit traumatisierten Hunden und Menschen zu einer echten Herausforderung!

Wenn Psyche und Körper gemeinsam Erfahrungen abspeichern, dann müssen auch beide in einen Heilungsprozess integriert werden. Der menschliche Körper ist, ebenso wie der hündische, ein faszinierendes Gesamtkunstwerk, das sich mit der immateriellen Existenz der Psyche koordiniert. Klingt etwas steif für einen Moment? Isses aber nicht! Tatsächlich haben wir es mit der unglaublichsten Erfindung im Universum zu tun und wir können es jeden Tag sehen, wenn wir in den Spiegel gucken. Oder, wie im Falle von uns Hundehaltern, wenn wir damit kuscheln. Die Rede ist vom LEBEN. Im Idealfall so einem mit Hund.

Stirbst du gerade oder lebst du immer mehr?

Alles, was lebt, erneuert seine Zellen. Wenn etwas seine Zellen nicht mehr erneuert, dann ist es tot. Wir unterscheiden also tote Materie von lebender Materie und erkennen ein lebendes Wesen daran, dass es über Zellwachstum bzw. Zellerneuerung verfügt. Pflanzen sind lebende Wesen. Tiere ebenso. Und Menschen. Wir haben etwas gemeinsam! Juhu. Wir leben. High-Five, liebes Gänseblümchen. Gib mir fünf, Hund!

Hunde gähnen

True Story:

Ich sitze mit C. am Tisch, gerade sind wir mit dem Essen fertig. Die Unterhaltung ist zäh, schleppend und hat mir den Appetit verdorben. Ganz anders, als der Appetit des Hundes unterm Tisch, der die ganze Zeit genüsslich am Kauknochen nagt. Ich esse nicht gerne in so einem Umfeld, aber in diesem Fall konnte ich es mir nicht aussuchen. Ich schiele immer wieder auf die Uhr und bin froh, als es endlich an der Zeit ist, aufzubrechen. Da sagt C. etwas, das mir durch Mark und Bein fährt. Beinahe kommt mir der Nachtisch wieder hoch.
„Weißt du, die paar Jahre kriege ich jetzt auch noch so rum!“
Mir wird schwindelig und ich habe das Gefühl, dass mir jemand einen Eispflock ins Herz rammt. Meine Füße werden kalt, ich kann nicht mehr gut atmen. Am liebsten würde ich jetzt weinen wie ein Kind. Langsam stelle ich mein Glas au der blankpolierten Tischplatte ab und blicke in C.´s  trauriges Gesicht.

Sie hat gerade das kostbarste Geschenk, das sie je erhalten hat, mit voller Wucht in die Magengrube getreten. Ich rede nicht von mir, herrje! Ich rede vom Geschenk namens „Leben“. Diese Frau hat in diesem Moment gerade keine Ahnung, welches Privileg sie besitzt. Welche Macht sie hat, welche Möglichkeiten. Wie großartig sie ist, welches Wunderwerk. Wie einzigartig. Das, was sie sieht, ist überschattet von Erfahrungen aus der Vergangenheit. Ihre Körperzellen haben viel Schmerz abgespeichert und ihre Psyche bestätigt ihn. Oder umgekehrt. Wahrscheinlich passiert beides gleichzeitig. Aber das ist egal, es ist irrelevant. Das, was wichtig ist, trägt eine ganz bestimmte Aufschrift. Die erste Flasche der heilenden Medizin von diesem furchtbaren Zustand, in dem sich C. befindet, trägt auf ihrem Etikett den Namen „Entscheidung“.

Jeder Mensch besitzt einen freien Willen. Der Wille ist es, der eine Entscheidung trifft. Wer etwas wirklich von ganzem Herzen will, der setzt eine Entscheidung mit der Willenskraft um. Mit allem was es kostet. Bereit, die Konsequenzen zu tragen.
Was ist es nun, das C. davon abhält, eine Entscheidung für ein besseres Leben zu treffen? Warum macht sie´s nicht einfach?
Ich spreche sie darauf an.

„Mal angenommen, du lebst noch 25 Jahre. Statistisch gesehen, wirst du über 80 Jahre alt, es ist somit realistisch. Willst du so lange noch auf diese Art und Weise leben, wie du es jetzt tust? Es geht dir ziemlich beschissen, ich denke, da sind wir uns einig. Willst du in diesem Zustand bleiben?“ frage ich sie und nehme ihre Hände liebevoll in meine. Ich weiß, wie es ihr geht. Ich komme von dort. Ich kenne den Ort, an dem die Dinge ausweglos erscheinen. Und ich weiß auch, dass man von dort weggehen kann. Es bedarf nur einer Entscheidung. Der Umarmung des freien Willens.

„Ich weiß es nicht…“ sagt C. achselzuckend und ich sehe, wie sich eine Träne in ihrem linken Auge bildet. Da weiß ich, dass meine Frage angekommen ist. Dass die Botschaft, die dahintersteckt, dorthin in ihrem Körper geschickt wurde, wo sie gebraucht wird.

Irgendwo in C.s Festplatte wurde soeben eine Erfahrung abgespeichert. Eine von der heilsamen Sorte. Eine, die den Weg über ihr Herz genommen hat. Eine, die keine Abkürzung über den substanzlosen Verstand gegangen ist und die deshalb gehaltvoll ist.
Im Moment noch, da steht C. ihr Ego im Weg. Sie dreht den Kopf zur Seite, ich soll nicht sehen, dass sie berührt ist. Das ist ganz normal. Es dauert eine Weile, ehe genug Wille zum besseren Leben entsteht. Ehe genug Entscheidungskraft da ist, um denjenigen Platz einzunehmen, der für sie bestimmt ist. Das Ego will lieber ins „Ablagefach“ sortieren, damit es seine bekannte Festplattensicht auf die Welt behalten kann. Das gibt Sicherheit und Politur. Aus dem „Ablagefach“ der menschlichen Erfahrungen und Erinnerungen, kommen diese manchmal erst nach Jahren heraus. Häufig dann, wenn es überquillt.

Ich wünsche C., dass sie viele, viele solcher Erfahrungen wie heute macht. Dass sie Menschen trifft, die das Leben lieben. Leute, die ihr die Hand reichen und sie halten, egal ob kurz oder lang. Ich wünsche ihr Erlebnisse, die es auf die Festplatte der gespeicherten Erfahrungen schaffen und diejenigen überlagern, die ihr Leben im Moment so schwer machen.

Als wir uns zum Abschied umarmen weiß ich, weshalb mir das Leben heute keinen Ausweg gelassen hat, diesem Treffen mit C. zu entkommen. Manchmal steht es nicht in unserer Macht, die Dinge zu beeinflussen. Da hilft auch kein freier Wille. Da hilft nur demütige Annahme und wenn wir Glück haben, erkennen wir das Geschenk dahinter. Überreicht von einer Kraft, die in diesem Augenblick größer ist, als wir selbst.

Welpe

Alles, was lebt, erneuert sich. Wenn es aufgehört hat, sich zu erneuern, ist es tot. Stirbst du noch oder lebst du schon? Es ist eine Entscheidung, die DU triffst. Das ist der erste Schritt. Das ist es, was dich von deinem Hund unterscheidet. Ein Hund kann in aller Regel nicht entscheiden, wo er lebt. Mit wem er lebt. Wie er lebt. Du schon. Das macht dich einzigartig. Wie diese Einzigartigkeit aussieht? Welche Qualität sie hat und woran du erkennst, was und wer zu dir passt? All diesen Fragen gehen wir auf den Grund.

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Fotos:

Teddy Kelley

Humberto Santos

Akshay Madan

Dawid Sobolewski

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