Haben wir Hundehalter eigentlich noch alle Latten am Zaun? Wir schreiben unseren Hunden via Facebook, dass wir sie lieben. Wir posten wie die Irren Bilder von unseren Hunden auf Instagram. Unsere Hunde sind die meist fotografierten Familienmitglieder – wenn wir nicht gerade Babys haben. Spinnen wir?

Mich erwischt die Frage früh morgens am Schreibtisch. Phaedra träumt einen Hunde-Traum. So einen, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob er Spaß macht, da im Hunde-Traumland. Sie gluckst und fiept, bellt ein paar erstickte Töne und rudert mit den Pfötchen, als ob´s kein Morgen mehr gäbe. Kann ja sein, dass sie gerade im Kaninchen-Schlaraffenland jagen ist – oder von einer wütenden Monsterarmee gehetzt wird! Nicht auszudenken. Ich überlege gerade, ob ich sie lieber wecken und vor Monstern retten soll, da poppt via Facebook eine Nachricht auf.

„Sag mal, hat dein Hund jetzt einen Facebook-Account und liest mit?“ fragt mich ein lieber Freund.
Ich tippe zurück: „Hä???
Ich habe keine Ahnung, was er mit dieser Frage meint. Und ich kann sonst gut mit Männerfragen. Einfach ganz direkt nehmen, weder links noch rechts denken, nach der Sachinformation suchen und schwupps, da weiß ich, worum es geht. Bloß nicht drum herum interpretieren. Ganz wichtig.

Hundehalter sind manchmal verrückt

Was angesichts einer Frage danach, ob ein Hund diese Web-Einträge liest (der ja kognitiv und motorisch nicht dazu in der Lage ist), schwierig ist.
„Ich frage mich halt, wieso du AN DEINEN HUND schreibst via Facebook. Der kann das ja nicht lesen“, kommt daraufhin als Antwort.
Ach nee, was du nicht sagst, denke ich – und rolle gedanklich mit den Augen.

Ein Nicht-Hundehalter. Ein lieber, zweifelsohne. Aber er trägt eben dieses „Nicht“ vorne dran. Ein Unwissender. Ein Ungespürter. Einer, der aber Kinder hat! Ha. Da haben wir doch einen Ansatzpunkt.
„Erinnerst du dich, als dein Kleiner den ersten Geburtstag hatte? Deine Frau hat ihm einen Post gewidmet – bei dem ich übrigens geheult hab vor Rührung wie ein Schlosshund, der war so schööööööön!“ tippe ich und setze einen Smiley mit Herzchen dahinter.
Erstmal kommt keine Antwort von ihm.
„Sabrina, ja….aber….das ist ein Kind ey! Du schreibst an einen HUND!“ poppt es dann auf.

Okay, jetzt werde ich langsam sauer.
Phaedra hat aufgehört zu träumen. Jetzt liegt sie wieder seelenruhig in der Sonne und atmet ganz gleichmäßig.
Was war gerade nochmal? War ich sauer? Hm. Ist weg.
„Darum geht es doch nicht! Ist mir schon klar, dass weder ein kleines Kind, noch ein Hund diese Einträge lesen kann“, tippe ich verständnisvoll.

Hundehalter verhalten sich manchmal irrational

Wirklich, ich verstehe es. Ich habe mich offen gestanden selbst lange gefragt, weshalb Leute ihren Hunden zum Geburtstag gratulieren und ihnen etwas schenken. Mich gefragt, was all die Fotos und direkten Liebeserklärungen in Social Media zu suchen haben – wenn doch ohnehin kein Hund der Welt diese Worte jemals lesen wird.
„Ja, was soll das dann?“ fragt er nun und ich weiß ganz genau, dass er dabei seine Stirn in Falten legt.

Er kapiert es wirklich nicht. Und das ist das Problem. Er versucht, es zu verstehen. Dabei ist es völlig unlogisch und kein Verstand dieser Welt kann rational erklären, warum Hundehalter ihren Hunden Texte ins Internet schreiben.
Das kann nur das Herz. So eines, in dem ein Hund eingezogen ist.

Hundehalter sprechen eine besondere Sprache

Während ich mir eine Antwort überlege, fällt mein Blick auf einen Zeitungsausschnitt, den ich vor vielen Wochen für eine Collage ausgeschnitten hab.
„Worte, die von Herzen kommen, gehen zu Herzen“, steht darauf.

Ich tippe:

„Ich glaube wir Hundehalter schreiben unseren Hunden, weil sie die Sprache unserer Herzen verstehen. Ich glaube, dass wir Menschen vor allem leben, um unsere Herzen sprechen zu lassen – und nicht unseren Verstand. Unsere Hunde kommen manchmal so nah an uns dran, wie kein Mensch. Das ist mein voller ernst. Ich sage nicht, dass das für die Zukunft dieses Planeten so bleiben sollte, aber es ist ein Anfang. Wenn diese Erde in einen anderen Zustand soll, brauchen wir Menschen, die spüren was wichtig ist und was nicht. Da kommt kein Verstand dran, sondern das Herz. Als Hundehalter kann ich jeden Tag die Sprache meines Herzens üben. Im Moment liegt meine Sprachlehrerin in der Sonne und träumt“.

Phaedras Beine zucken. Ich beobachte sie noch eine Weile, ehe ich mich wieder frage, ob ich sie wecken sollte, weil mein Herz keine Albträume haben soll.
Es poppt ziemlich lange keine Antwort mehr auf. Doch dann:
„Du spinnst. Ich drück Dich. Genieß den Tag!“ schreibt er.
Ich seufze. Phaedra wacht auf und guckt mich an.
„Phaedra? Ich spinne“, sage ich zu ihr.
Mein Hundemädchen wedelt mit dem Schwanz und lacht mich strahlend an. Wir genießen beide diesen Moment.

Jeder, der einen Hund hat, weiß da überhaupt nichts davon – sondern fühlt es einfach von Herzen mit. Und manchmal, da teilen wir unser Herz eben via Facebook mit all den anderen Bekloppten, die eine Sprache sprechen, die nur wenige verstehen.

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